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Justus Frantz geht auf musikalische Europareise – Spielfreude überträgt sich aufs Publikum

Für seine musizierten zeit- und grenzenlosen Utopien ist Justus Frantz mit der Philharmonie der Nationen weithin bekannt geworden. Spitzeninstrumentalisten aus verschiedenen Ländern führen seit über 20 Jahren unter seinem Taktstock Meisterwerke der europäischen Klassik auf.

Besonders stolz ist Frantz auf die Mozartkultur seines Orchesters, das Leichtigkeit mit Temperament und Klangsinn verbindet. Das konnten die 1000 Besucher des ausverkauften Würth-Open-Airs deutlich hören, denn mit der Solistin Ksenia Dubrovskaya erklang eine ebenso kunstsinnige und stilsichere wie entschlossene Interpretation des Violinkonzerts Nr. 4.

Wie angekündigt, lässt Frantz die „rasante Sonne Rossinis“ aufziehen. Das tänzelnde Pizzicato der Ouvertüre „Die Italienerin in Algier“ steigert sich zu der gewohnt strahlenden Kadenz. Da wackelt schon mal das Mikrofon über der ersten Geige.

Bevor Frantz aber das Orchester souverän in Mozarts Violinkonzert führt, schützt er zwei prägende Figuren seines Lebens vor der Abendkühle: Ehefrau  Dubrovskaya, die in ihrem luftigen würth-roten Abendkleid auf ihren Einsatz wartet, und deren Gabbrielli-Violine, immerhin Baujahr 1770.

Nach Sibelius folgt als Zugabe noch Bartok

Als die prämierte Geigerin zum Spiel ansetzt, gewinnt sie ihre Zuhörer durch eine klare und präzise Tongebung. Im Wechsel von Melodie-, Figuren-, Orchester- und Solospiel hält sie die Balance zwischen innerer Empfindung und Ausdruckskraft, belebt die endlose Ideenfülle des Konzerts. Besonders als Dubrovskaya vor dem schweigenden Orchester spielt, zeigt sie nicht nur exaktes Handwerk, sondern vor allem musikalische Intuition. Ihre Spielfreude wird auch deutlich, als sie für das begeisterte Publikum noch Vivaldis berauschenden „Sturm“ aus den „Vier Jahreszeiten“ nachlegt.

Nach den tragischen, teils hingebungsvollen, teils bedrohlichen Klängen aus Tschaikowskis Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“ sorgt Chabriers frisch und punktgenau gespieltes „Espana“ für südländische Atmosphäre. Die kalte Juninacht hätte nicht besser enden können als mit der brachialen Wucht von Jean Sibelius’ sinfonischer Dichtung „Finlandia“. Doch zurecht folgt eine Zugabe: Béla Bartoks „Rumänische Tänze“.


aus: Haller Tagblatt, Schwäbisch HallMATTHIAS SLUNTISCHEK | 20.06.2016