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Klassik an der Ruhr

Interview

Wetter.   Im Vorfeld seines Konzertes in Wetter spricht der Dirigent Justus Frantz im Interview über seine Beziehung zur Ruhrregion, über Klassik und Popmusik und seine Catering-Vorlieben.

Unter dem Motto „Klassik an der Ruhr“ findet am Donnerstag, 30. Juli, um 20 Uhr ein hochkarätig besetztes Konzert an einem ungewöhnlichen Ort statt. Wir haben im Vorfeld mit dem Star-Dirigenten Justus Frantz gesprochen, der mit der Philharmonie der Nationen in Wetter zu Gast sein wird.

Industriehalle statt Konzertsaal – was ist für Sie das Besondere eines Konzertes an einem solchen Ort?

Justus Frantz: Wir leben in einer Welt, die vor allen Dingen von Arbeit gekennzeichnet ist. Wir müssen uns auch dort wohlfühlen, wo gearbeitet wird und deshalb wollen wir, und das ist auch das Ansinnen des Intendanten der »musik:landschaft westfalen«, an Orte gehen, wo die Menschen einen großen Teil ihrer Zeit verbringen oder verbracht haben und die ihnen bekannt sind. Ein solcher Ort kann eine der vielen Industriehallen sein, die häufig erstaunlich gut klingen. Ich glaube in diesem Zusammenhang an die Akustik eines Schuhkartons, denn ein Orchester muss immer von vorne gehört werden. Eine Pauke ist lauter als 20 Geigen, also muss die Proportion des Klanges gleich sein, darum sitzt die Pauke hinten und die Geigen vorne.

 

Was verbinden Sie persönlich mit der Region an der Ruhr?

Frantz: Die vielen Menschen und Freunde, die ich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bei meinen Konzerten im Ruhrgebiet kennen- und schätzen gelernt habe.

Welche Musik hören Sie zuhause?

Frantz: Die Klavier- Etüden, die mein jüngster Sohn Jujuscha übt. Er spielt schon ganz toll.

Wofür braucht ein Orchester eigentlich einen Dirigenten? Es gibt doch Noten.

Frantz: Die Aufgabe des Dirigenten ist sehr wichtig, er bestimmt eigentlich alles – ob die Musiker laut oder leise spielen, schnell oder langsam, getragen oder mit Feuer und alles individuell. Wenn beispielsweise in einem Stück „allegro“ steht, dann bedeutet das schnell. Aber was ist für sie schnell und was ist für mich schnell? Jeder hat dort ein anderes Empfinden. Der Dirigent kann beispielsweise bei speziellen Passagen Hörner oder Klarinetten herausholen und plötzlich stehen die Instrumente über den Dingen, und das Stück klingt komplett anders. Ohne den Dirigenten wäre alles ein großes Durcheinander.

Verfolgen Sie die aktuelle Popmusik?

Frantz: Nein, das ist nicht mein Thema. Ich mache so viel Musik, dass ich mich manchmal auf das Menschenrecht der Stille freue. Beispielsweise beim Autofahren kann ich die akustische Umweltverschmutzung aus dem Radio nicht ertragen.

Die Klassik besteht seit vielen Jahren und hat sich kaum verändert...

Frantz: Das Wort Klassik ist eigentlich ganz großer Mist. Kunstmusik, architektonische Musik – das würde passen.

Muss sich die Stilrichtung wandeln, um auch zukünftig noch für Zuhörer interessant zu sein?

Frantz: Ohne Frage, es herrscht mittlerweile ein Überangebot an Musik der verschiedenen Stilrichtungen. Aber die sogenannte klassische Musik ist trotzdem keinesfalls verstaubt, weil eben keine Interpretation wie die andere ist. Das liegt zum einen am Charisma des jeweiligen Dirigenten, aber natürlich auch an den Musikern, die im Orchester zusammen spielen.

Sie gelten als Popstar der Klassik – Was muss denn so hinter der Bühne für Sie bereit stehen?

Frantz: Gelte ich wirklich so? Beim Catering bin ich wenig anspruchsvoll. Ein kaltes Mineralwasser mit viel Kohlensäure und ein gutes Schwarzbrot mit Kräuterquark – und ich bin schon zufrieden. Und nach dem Konzert darf es natürlich auch mal ein schönes, kaltes Pils sein.

 

Das Gespräch führte Elisabeth Semme

27. Juli 2015